Cannabis-Klubs in Schweizer Städten in weiter Ferne

In den Schweizer Städten wird Cannabis ungehemmt konsumiert. Die Städte möchten deshalb Pilotversuche für einen kontrollierten Konsum in Klubs. Doch die juristischen und politischen Hürden sind hoch.

Daniel Gerny
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Die Städte wollen Bewegung in die Drogenpolitik bringen. (Bild: Mark Thiessen / AP)

Die Städte wollen Bewegung in die Drogenpolitik bringen. (Bild: Mark Thiessen / AP)

Thun, Bern, Basel – in gleich drei Deutschschweizer Städten landete die Cannabis-Politik in den vergangenen Wochen auf den Traktandenlisten der Parlamente. Seit in Genf vor zwei Jahren die drogenpolitische Debatte mit einem Vorstoss für legale Cannabis-Klubs wiederbelebt wurde, flammt die Diskussion nach und nach auch in der übrigen Schweiz auf. Für Druck sorgen dieses Mal die Städte, in denen der Cannabis-Konsum für viele selbstverständlich geworden ist. Zwar ist der Konsum von Haschisch und Marihuana nach wie vor strafbar, doch der Duft von Joints an lauen Frühlings- und Sommerabenden ist aus den grösseren Städten nicht mehr zu verbannen.

Den Städten macht die geltende Gesetzgebung zu schaffen. Cannabis werde in der Öffentlichkeit praktisch ungehemmt konsumiert, sagte beispielsweise der leitende Jugendanwalt von Basel-Stadt, Beat Burkhardt, anlässlich der Präsentation der polizeilichen Kriminalstatistik. Obwohl Erwachsene, die mit weniger als 10 Gramm Cannabis erwischt werden, seit 2013 nur noch mit einer Busse bestraft werden, fehlen die Ressourcen, um das Gesetz wirklich durchzusetzen. Weil eine Revision des Betäubungsmittelgesetzes zur Legalisierung des Cannabis-Konsums derzeit aber politisch nicht mehrheitsfähig ist, verfolgen die Städte einen dritten Weg.

«Wissenschaftliche Joints»

Sie suchen das Betäubungsmittelgesetz nach Gesetzeslücken für eine kontrollierte Abgabe von Cannabis ab. Die Städte Genf, Bern, Basel und Zürich haben zu diesem Zweck eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen. Das Vorhaben erweist sich allerdings als hürdenreich. Juristisch ist der Handlungsspielraum minim – falls überhaupt vorhanden: Ursprünglich wollten die Initianten Artikel 19 b des Betäubungsmittelgesetzes (BetmG), der die unentgeltliche Abgabe von weniger als 10 Gramm an Erwachsene für straffrei erklärt, so auslegen, dass die kontrollierte Abgabe von Cannabis in Kifferklubs ermöglicht worden wäre.

Das Bundesgericht habe mit seiner neuen Rechtsprechung den Initianten jedoch einen Strich durch diese Rechnung gemacht, erklärt dazu Sandro Cattacin, Leiter des Genfer Pilotprojektes und Spiritus Rector der Initiative der Städte. Nun soll die kontrollierte Cannabis-Abgabe in Klubs im Rahmen eines wissenschaftlichen Pilotversuchs getestet werden. Gemäss BetmG kann das Bundesamt für Gesundheit im Rahmen der wissenschaftlichen Forschung Ausnahmebewilligungen für Anbau, Einfuhr, Herstellung und Inverkehrbringen erteilen. Doch auch dieser Weg ist juristisch nicht wasserdicht: Ein von einer Arbeitsgruppe des Kantons Basel-Stadt und der Stadt Zürich in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten des Zürcher Strafrechtsprofessors Martin Killias ergab, dass der kontrollierte Verkauf von Cannabis durch Städte oder Kantone nicht mit dem Bundesrecht vereinbar sei. Zu einem anderen Schluss kommt voraussichtlich ein Gutachten des Basler Strafrechtlers Peter Albrecht, das demnächst erscheinen soll.

Stadt dafür, Kanton dagegen

Ohnehin aber ist an gemütliche Kifferklubs, in denen man sich abends zu Bier und Joint trifft, in wissenschaftlichem Rahmen nicht zu denken. Und so oder so sind die Städte auf den Goodwill des Bundesamtes für Gesundheit angewiesen, das sich gegenüber diesen bis jetzt eher zurückhaltend geäussert hat – zumal selbst in den betroffenen Regionen die Geschlossenheit fehlt: In Basel-Stadt wird das Projekt nur dank dem Parlament weiterverfolgt – die Regierung hatte sich zuvor gegen die Pilotversuche ausgesprochen, weil sie dieses Vorgehen als nicht zielführend erachtet. Die Regulierung der Cannabis-Abgabe müsse stattdessen im Rahmen einer BetmG-Revision vorangetrieben werden. Und in Bern sind sich zwar Stadtparlament und -regierung einig, aber die Staatsebenen kommen sich in die Quere: So beschloss das Kantonsparlament ein Verbot von solchen Pilotversuchen. Auch im Kanton Zürich kündigt sich Opposition an.

Nicht ausgeschlossen ist, dass eine der Städte im Falle einer Blockade ohne Zustimmung des Bundes vorangeht – wie dies beispielsweise in Genf in Erwägung gezogen wird. Die Arbeitsgruppe der Städte will in dieser komplexen Situation im Frühsommer über das weitere Vorgehen entscheiden. Dabei geht es nicht nur darum, ein Konzept auszuformulieren, das beim BAG eingereicht werden kann. Offen ist auch, welche Städte sich an solchen Versuchen beteiligen sollen. Ziel ist es, die Pilotversuche möglichst breit abzustützen, ohne dadurch allzu grosse Verzögerungen in Kauf nehmen zu müssen. Niemand rechnet allerdings damit, dass vor den Nationalratswahlen im Herbst wirklich Bewegung ins Spiel kommt, und bis ein Setting für die Pilotversuche vorliegt, wird weitere Zeit vergehen. Ob die Bemühungen zum Ziel führen, ist völlig offen, denn bisher zeigte sich eines deutlich: Dreht sich die Diskussion um eine Teilliberalisierung von Cannabis, gehen die Emotionen noch immer hoch.